Warum ist im Südharz das Grundwasser so mit Nitrat belastet?

Die EU-Kommission hat Deutschland wegen der Nitrat-Verunreinigung des Wassers verklagt. Das Salz der Salpetersäure kommt in Dünger vor und landet über die Felder im Grundwasser. Zuviel davon ist ungesund, vor allem für Kinder und Schwangere. Der Grenzwert liegt bei 50 Milligramm Nitrat/Liter Grundwasser. Doch der wird in Ostdeutschland nachweislich überschritten. So sehr, dass Grundwasser nicht als Trinkwasser genutzt werden kann. Einen traurigen Rekord hält die Region um Sangerhausen.

von Thomas Matsche, MDR INFO

Harald Gülzow reist mit seinem gelben Wasser-LaborBus quer durch Deutschland. Der Chef des Vereins VSR-Gewässerschutz testet überall das Trinkwasser auf Inhaltsstoffe etwa auf Nitrate. Mit  Proben, die er sich aus den örtlichen Brunnen zieht. Die Messwerte stellt Gülzow jährlich in einer Nitrat-Karte zusammen. Die zeigt: besonders im Gebiet des Südharzes, um Sangerhausen, sind die Nitratbelastungen des Grundwassers sehr hoch. “Wir mussten leider feststellen, dass in über der Hälfte der privat-genutzten Brunnen die Nitratwerte von 50 Milligramm pro Liter überschritten werden. Teilweise hatten wir Spitzenwerte von über 200 Milligramm pro Liter.”

Äcker können Nitrat nicht ganzjährig binden

50 Milligramm pro Liter ist der Höchstwert für Trinkwasser. Das Wasser aus jedem zweiten Brunnen darf dort also nicht mehr getrunken werden. Grund für die hohen Werte ist die Ackerwirtschaft. Im Südharz werden überproportional viele Flächen als Ackerböden genutzt. Im Gegensatz zu Wiesen und Weiden können diese Böden das Nitrat nicht binden. “Unter einer Wiese oder Weide haben wir meistens nicht so hohe Werte, weil die Pflanze wächst das ganze Jahr über. Sie setzt die Nährstoffe im Humus im Wurzelbereich fest. Ein Acker ist im Winterhalbjahr leer, blank. Alles, was dort an Nitraten vorhanden ist, wird durch den Regen in den Untergrund geschwemmt und belastet das Grundwasser.” Hinzu komme, dass auf diesen Flächen zu viel gedüngt werde. Beim Aufbringen von Gülle gebe es zwar Höchstgrenzen, bei Gärresten, also Biomasse-Dünger, und bei Mineraldünger aber nicht. Hier müsse der Gesetzgeber dringend nachbessern so, Harald Gülzow.

Fernwasser als Alternative

Zuständig für die Versorgung mit Trinkwasser in dem Gebiet ist der Wasserverband Südharz. Auch hier konstatiert man: Seit zehn Jahren steigen die Nitratwerte an. Im Mittel zwischen 35 bis 45 Milligramm pro Liter. Bislang werde das Grundwasser in dezentralen Brunnenanlagen gereinigt. Doch das reiche nicht aus. Der Wasserverband hat deshalb durchrechnen lassen, ob man entweder ein neues Wasserkraftwerk bauen oder das Gebiet an das Fernwassernetz anschließen solle, erzählt Geschäftsführerin Dr. Jutta Parnieske-Pasterkamp. “Die Studie ergab, dass unter bestimmten Randbedingungen wie einen bestimmten Lieferpreis des Fernwassers, der Anschluss an das Fernwassernetz langfristig die wirtschaftlichere Alternative ist.”

Mehr Wiesen- und Weiden anlegen?

Geplant sei, dass das Fernwasser ab 2017 von der Rappbode-Talsperre in den Südharz fließen soll. Der Nitratwert könne mit dem Fernwasser auf etwa sieben Milligramm pro Liter gesenkt werden, so Parnieske-Pasterkamp. Um mehr als ein Fünftel also. Und das für die kommenden zwanzig Jahre. So lange laufe der Liefervertrag. Harald Gülzow hält das für zu kurz gedacht. Irgendwann sei das Fernwasser aus dem Harz auch verteilt. Dann gebe es keines mehr. Stattdessen sollte man an die Ackerflächen ran. “Eigentlich müsste man in Sachsen-Anhalt eher den Trend anders rum setzen. Wir müssen Wiesen anlegen, Weiden anlegen, um einfach wieder mehr Schutz fürs Grundwasser zu haben und um eine andere Landwirtschaft zu bekommen.”

Quelle: http://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/nitratwerte-sachsen-anhalt-suedharz-sangerhausen-100.html

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