Ist destilliertes Wasser schädlich?

Ist destilliertes Wasser schädlich?

von Fabian Maysenhölder

“Im Internet liest man ja so manches. Unter anderem kursieren dort Gerüchte, dass man destilliertes Wasser auf keinen Fall trinken dürfe. Stimmt das denn? (fragt Marion M. aus Stuttgart)

Nicht nur im Internet kursieren allerlei Horrorgeschichten über destilliertes Wasser. Schon in der Schule warnen die Chemielehrer: “Trinkt das nicht!” Und die Begründung, die man liest und hört, klingt plausibel: Im aqua destillata fehlen die Mineralien, vor allem die Salze. Durch den osmotischen Druck könnten deswegen die Zellen platzen, wenn man davon trinkt. Ist das ein Horrormärchen oder eine wirkliche Gefahr?

Körper setzt dem Wasser Salze zu

“Alles Quatsch”, sagt Professor Hans Oberleithner vom Institut für Physiologie an der Universität Münster. “Destilliertes Wasser enthält ja nichts Giftiges. Es enthält eben nur keine Ionen.” Wenn man destilliertes Wasser trinkt, komme es zwangsläufig in Kontakt mit den Schleimhäuten. So setzte der Körper dem Wasser dann fehlende Salze zu. “Wenn das Wasser im Magen oder Darm ankommt, enthält es schon wieder körpereigene Elektrolyte und lässt sich nicht mehr von normalem Wasser unterscheiden.” Die Menge an Elektrolyten, die der Körper dadurch verliert, sei verschwindend gering. “Auch in normalem Wasser sind die Salz-Anteile ja minimal”, sagt der Physiologe.

Man dürfe es natürlich nicht übertreiben. “Wenn man Unmengen an Wasser trinkt, kann das natürlich schädlich sein”, fährt der Professor fort. Das sei aber auch bei gewöhnlichem Leitungswasser so – und keine spezifische Eigenschaft von destilliertem Wasser.”

Infusionen brauchen Salz

Prof. Dr. med. Hans Oberleithner ist ist Direktor des Instituts für Physiologie II an der Universität Münster.

Wenn destilliertes Wasser im Prinzip so harmlos ist, warum kursieren dann immer wieder die Gerüchte, man solle es nicht trinken? “Medizinstudenten im ersten Semester glauben auch häufig, das man aqua destillata nicht trinken darf. Bis ich es ihnen ausgetrieben habe”, sagt der Mediziner lachend. Er äußert einen Verdacht, woher dieser Irrglaube kommt.

Wenn man Leitungs- oder destilliertes Wasser per Infusion in die Blutbahn bringt, hat das lebensgefährliche Konsequenzen. “Dann wird es zur Hämolyse kommen, also zum Platzen der roten Blutkörperchen. Und das ist unter Umständen lebensbedrohlich”, warnt Oberleithner. Deswegen verwendet man bei Infusionen stets Kochsalzlösungen, deren Salzkonzentration ungefähr der Salzkonzentration im Blut entspricht. Der Experte vermutet: “Vielleicht hat sich daraus die Vorstellung entwickelt: Finger weg von destilliertem Wasser.”

Übrigens: In vielen Bereichen hat es Vorteile, destilliertes Wasser zu verwenden. Wer zum Beispiel keine Kalkablagerung im Dampf-Bügeleisen haben möchte, kann dem durch das mineralfreie Wasser vorbeugen. “Wir hier im Institut machen unseren Kaffee auch aus destilliertem Wasser”, sagt Oberleithner. “Damit die Kaffeemaschine nicht verkalkt.”

Quelle: n-tv.de

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